Wo zum Kuckuck sind die Palmen?
101 Anekdoten aus Mallorca
Fabylon Verlag, 2017
231 Seiten
ISBN 978-3-943570-85-4

Inhalt:
Niemand ahnt, dass Deutschlands Starpsychologe an Burnout leidet und eine Scheidung sein Prestige bedroht. Gerade als Jo Fechtmeister deshalb ein Jahr Auszeit nehmen will, wird er zur verrücktesten Therapie seiner Karriere gezwungen: In nur einem Monat soll er in einer Ferienvilla auf Mallorca die Tochter eines Großindustriellen von ihrer Lebenskrise heilen. Bald erkennt Jo, dass die Psyche der jungen Frau das geringste Problem darstellt.

Hintergrund:
Die Berichte einer Psychologin über die Probleme der Söhne und Töchter deutscher Mallorca-Residenten inspirierten mich zu diesem Roman, der erstmals im Jahr 2007 unter dem Titel „Die Mallorca Therapie“ bei Bastei Lübbe erschien. Die Aufmachung suggerierte eine leichte Strand-und-Sonne-Lektüre. Man hätte das Publikum schon damals warnen sollen, wie es später der Vitolibro-Cover tat: In Wahrheit erwartet den Leser ein Therapie-Comedy-Thriller. Als leichte Strandlektüre nur bedingt geeignet, denn trotz aller Comedy geht der Text in die Tiefe. Ein Lese-Abtenter mit Überraschungen sogar noch im Anhang.

Leseprobe
Die ganze Bucht schien auf einmal stiller. Dem Jetski-Trottel war der Motor abgesoffen, die sanfte Abendbrise machte eine Zigarettenpause, und auf dem Balkon war es ein paar Augenblicke mehr als nur leise zwischen Conny und Jo.

“Ich bin beeindruckt”, sagte das Mädchen mit einem säuerlichen Grinsen. “Das war ja brutal ehrlich.”

“Sagen wir so”, präzisierte Jo. “Ein Fachmann wie ich sollte ein psychologisches Profil in nüchternere Worte kleiden, aber Ihre Bedingung ließ mir keine Wahl. Dabei sollten Sie eines bedenken.”

“Nämlich?” Conny legte amüsiert ihren Kopf schräg.

“Dass ich, was ich gesagt habe, vielleicht nur deshalb – und deshalb so – gesagt habe, weil ich wusste, dass Sie nur so etwas als ehrliche Antwort akzeptieren würden.” Jo lehnte sich zufrieden zurück. Trotz des Whisky-Campari-Doppelschlags kam er langsam in Schwung.

Conny wirkte verwirrt. “Heißt das, Sie fordern mich auf, Ihnen zu misstrauen?”

“Im Gegenteil”, sagte Jo. “Wenn ich Ihr Misstrauen herausfordern wollte, hätte ich Sie nie auf diese Möglichkeit aufmerksam gemacht. Wie wär’s, wenn Sie mir ein wenig über die Universität erzählen?”

“Was wollen Sie wissen?”

“Erzählen Sie mir über die Zeit vorher.”

“Vorher”, wiederholte Conny nachdenklich.

“Bevor Sie alles hingeschmissen haben. Bevor Sie nach Florida abgehauen sind. Bevor Sie Ihrem Vater gesagt habe, dass Sie in Ihrem Leben keinen Sinn mehr sehen. Vorher.”

Conny nahm einen Apfel von der Fruchtschale und begann damit herumzuspielen.

“Das soll die ganze Behandlung sein?”

“Wie meinen Sie das?”, fragte Jo.

“Ich erzähle, Sie hören zu, und dann?”

“Eine Therapie besteht heutzutage aus Gesprächen. Auf Elektroschocks verzichte ich schon seit Längerem, aber ich kann ja mal die Kollegen in Palma fragen, ob sie in ihren Kellern noch …”

“Dabei gibt es nur ein Problem.” Conny sah ihn an und lächelte kalt.

“Nämlich?”

“Ich brauche keine Therapie. Nicht mehr als Sie oder diese Künstlerin oder unser Nachbar, der so gerne nackt auf der Dachterrasse herumspaziert.”

“Deutscher?”

“Das kann man an seinem Pimmel nicht erkennen.”

“Ihr Vater hat mich hergeschickt, um mit Ihnen eine Therapie zu machen.”

“Wie war Ihr Verhältnis zu Ihrem Vater?”

“So schlecht, dass ich Psychologe geworden bin. Aber wir sprechen über Sie.”

Conny warf den Apfel drei Meter in die Luft und fing ihn mühelos auf, eine Demonstration perfekter Motorik. “Wenn es mir wirklich so schlecht ginge, wie mein Vater glaubt, wäre ich wohl als unmittelbar Betroffene hungrig nach einer Lösung.”

“Sie sind ja hungrig nach einer Lösung. Nur glauben Sie nicht, dass ich als Psychologe eine solche zu bieten habe. Sie misstrauen jeder Lösung, die von Ihrem Vater kommt, das ist …” Er rollte die Worte ein wenig im Mund herum, bevor er sie aussprach, “… das ist eine ganz normale Sache bei Mädchen ab vierzehn.”